Grüne Wahl-Analyse: - „Wir müssen uns mehr gegen Lügen wehren“
Die Grünen zählten zu den großen Verlierern der Nationalratswahl. Droht das auch bei der Landtagswahl? Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl gibt sich kämpferisch: Sie will gestärkt werden (2019 gab es zwölf Prozent) – und verteidigt die Verkehrspolitik der Grünen in Graz.
„Krone“: Frau Krautwaschl, haben Sie das Ergebnis von Sonntag schon verdaut?Sandra Krautwaschl: Man braucht nichts schönreden, das war eine große Enttäuschung, das hat man am Wahlabend gespürt. Aber was mich gleich positiv gestimmt hat, war der riesige Zusammenhalt. Und wir wissen: Es geht jetzt um steirische Themen. Wir sind unglaublich motiviert.Die Grünen haben in den Städten viel verloren, auch in Graz. Was ist Ihre Erklärung dafür?Europaweit werden Regierungen abgestraft, das ist ein Aspekt. Von rechtspopulistischer Seite wird mit Ängsten gearbeitet, die aufgrund der Krisen natürlich einen realen Hintergrund haben. Das schadet uns als progressive, gestaltende Kraft. Und dazu kam das taktische Wählen (Stimmen für die SPÖ, um einen Sieg der FPÖ zu verhindern, Anm.), das hat aber eh nix genutzt.Wird das Nationalratswahlergebnis den grünen Wahlkampf noch ändern?Nein, ich glaube ja nicht, dass es an den Inhalten gescheitert ist. Wir haben über Jahre gute Politik gemacht. Die Sozialleistungen sind an die Teuerung geknüpft, die Emissionen sinken, es gibt mehr Transparenz, etwa durch die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Da drängt sich die Frage auf: Warum seid ihr dann nicht gewählt worden? Da ist der einzige Vorwurf, den man uns machen kann: Wir haben all das den Menschen nicht gut genug nahegebracht. Wir haben aber eine riesige Chance, in der Steiermark etwas zurückzugewinnen. Geboren: 1971, aufgewachsen in Gleisdorf Familie: verheiratet, drei Kinder Beruf: Physiotherapeutin, Autorin Funktion: Klubobfrau der steirischen Grünen im Landtag, Spitzenkandidatin Was macht Sie optimistisch?Wir haben viele Lösungen anzubieten, die wir über die Jahre versucht haben voranzutreiben. Sie sind aber am „Weiter-so-wie-bisher“-Konglomerat aus ÖVP und SPÖ abgeprallt – da konnten wir noch so konstruktive und sachliche Argumente bringen. Wir werden Hausbesuche machen, auf der Straße sein, ich werde eine Bezirkstour machen. Wir werden das Miteinander nicht nur auf Plakate schreiben, sondern auch leben: Bitte kommt zu uns, ihr könnt noch so sehr anderer Meinung sein, aber ich möchte mit euch über meine Pläne für die Steiermark reden.Welche Schwerpunkte wird die grüne Kampagne haben?Der Boden- und Umweltschutz wird wenig überraschend großes Thema sein. Der Natur muss Raum zurückgegeben werden. Ganz wichtig ist mir auch das zweite kostenlose Kindergartenjahr. Da hinkt die Steiermark anderen Bundesländern nach. Oft kommt als Gegenargument, das sei zu teuer. Dann hören wir auf, ein sinnloses Betonprojekt nach dem anderen umzusetzen. Alleine die B70 und B68 kosten mehr als 100 Millionen Euro. Da könnten wir zumindest zehn Gratis-Kindergartenjahre finanzieren. Und wir brauchen dringend eine Photovoltaik-Pflicht auf großen Parkplätzen. Das würde die Akzeptanz für erneuerbare Energie heben und die Bodenverschwendung reduzieren.Es heißt oft, in Graz werden Wahlen entschieden. Die Verkehrspolitik von Vizebürgermeisterin Judith Schwentner polarisiert. Wird das eine Rolle bei der Landtagswahl spielen?Verkehrspolitik polarisiert immer. Judith Schwentner wurde unter anderem wegen des Versprechens gewählt, den Platz in der Stadt gerechter für alle Mobilitätsteilnehmer zu verteilen, also auch für Fußgänger, Radfahrer, Öffi-Fahrer. Es wird aber in Graz immer Autos geben. Vieles, was kritisiert wird – und das weiß die ÖVP ganz genau -, wurde unter Bürgermeister Siegfried Nagl entschieden. Wir Grünen sind oft so redlich beim Arbeiten, dass wir uns zu wenig gegen die Lügen und Propaganda, die über uns verbreitet werden, wehren.Werden die Regierungsverhandlungen in Wien Einfluss auf die Landtagswahl haben?Ich glaube kaum. Sie werden wohl erst nach dem 24. November ernsthaft geführt.Wollen Sie Teil der nächsten Landesregierung sein?Egal ob Opposition oder Regierung, wir müssen eine starke Klimastimme sein, um etwas erreichen zu können. Dafür renne ich die nächsten Wochen. Ich würde sehr gerne gestalten, aber es ist kein Selbstzweck. Wir haben auch aus der Opposition heraus viel weitergebracht. Wenn wir aber bei der Wahl gestärkt werden, bin ich zu allem bereit.